Twenty Years After: Sozial- und wirtschaftspolitische Einstellungen von Ost- und Westdeutschen im Vergleich

Die sozial- und wirtschaftspolitischen Einstellungen der Bürger in beiden Teilen Deutschlands unterscheiden sich vor allem im Bereich der grundlegenden Wertorientierungen. Dies deutet auf die fortdauernde Bedeutung langfristig stabiler Sozialisationseffekte hin, die möglicherweise auch in modifizierter Form an die jüngeren Generationen weitergegeben werden. Zugleich sind sich Ost- und Westdeutsche in der Wahrnehmung sozialer Probleme und in ihrer Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Sozialsysteme weitgehend einig, obwohl sich ihre Lebensumstände nach wie vor deutlich voneinander unterscheiden. Inwieweit die real existierenden Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen (wahl)politisch wirksam werden, wird deshalb mit davon abhängen, innerhalb welchen Bezugsrahmens politische Probleme und Strategien präsentiert werden.

Europa als Wertegemeinschaft? Ost und West im Spiegel des „Schwartz Value Inventory“

1 Einleitung und Fragestellung

 

Werte bzw. Wertorientierungen gehören zu den zentralen Konzepten der vergleichenden Politikwissenschaft. Von Beginn der Umfrageforschung an wurden die Orientierungen gegenüber den zentralen Werten ihrer jeweiligen Gesellschaft immer wieder empirisch untersucht. Seit den 1970er Jahren wurde dabei zumeist auf die von Ronald Inglehart (u. a. 1971; 1989; 1997) entwickelten Konzepte und Instrumente zurückgegriffen, insbesondere auf die verkürzte Variante seiner Wertebatterie („Inglehart-Index“), die nicht nur in zahllosen nationalen, sondern auch in der Mehrzahl der großen internationalen Einstellungsstudien routinemäßig mitläuft (z. B. Eurobarometer, ISSP, EES, EVS, WVS).

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