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    Arzheimer, Kai. "Wahlen und Rechtsextremismus." Extremismus in Deutschland. Erscheinungsformen und aktuelle Bestandsaufnahme. Ed. Bundesministerium des Innern. Berlin: Bundesministerium des Innern, 2004. 56-81.
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Wahlen und Rechtsextremismus

1.                 Einleitung und Fragestellung

Die Teilnahme an politischen Wahlen stellt in der Bundesrepublik wie in den anderen Demokratien Westeuropas die wichtigste institutionalisierte Form der Einflußnahme auf den politischen Prozeß dar. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Elemente der direkten Demokratie sind in den meisten Ländern dieser Region (mit der bekannten Ausnahme der Schweiz) zumindest auf nationalstaatlicher Ebene bislang bestenfalls als Ergänzung, keinesfalls aber als Konkurrenz zum Wahlrecht zu verstehen.[1] Ähnliches gilt auch für die sogenannten unkonventionellen Partizipationsformen,[2] d.h. die Teilnahme an Demonstrationen, Unterschriftensammlungen und Blockaden oder die Mitarbeit in Initiativgruppen. So zeigte eine internationale Untersuchung, daß während der ersten Hälfte der 1990er Jahre in der alten Bundesrepublik und in den neuen Ländern ebenso wie in Norwegen und Schweden jeweils nur etwas weniger als ein Fünftel der Bevölkerung wenigstens einmal an einer Demonstration gegen die Regierung teilgenommen hatte (vgl. Tabelle 1). Für Spanien und Italien ergaben sich etwas höhere, für die angelsächsischen Demokratien hingegen noch weitaus niedrigere Werte. Lediglich in Frankreich für Frankreich wurde ein Prozentsatz ermittelt, der sich zumindest in der Nähe des Anteils der Oppositionsanhänger an der Bevölkerung bewegt. Im gleichen Zeitraum lag die Wahlbeteiligung in den hier untersuchten Ländern auf nationaler Ebene fast immer oberhalb von 70 Prozent und häufig sogar oberhalb von 80 Prozent, wobei in der Regel deutlich mehr als ein Drittel der Stimmen auf die Oppositionsparteien entfielen.[3]

Tabelle 1: Anteil derjenigen, die in während der letzten fünf Jahre mindestens einmal an Demonstrationen gegen die Regierung teilgenommen haben

Großbritannien

5

 

Schweden

19

Irland

9

 

Italien

24

Deutschland (Ost)

17

 

Spanien

24

Deutschland (West)

18

 

Frankreich

42

Norwegen

18

 

 

 

Quelle: Eigene Berechnung aus dem ISSP 1996 (ZA Nr. 2900)

 

Diese aus der allgemeinen Partizipationsforschung bekannten Befunde gelten in ähnlicher Weise auch für den spezielleren Bereich des Rechtsextremismus. So entfielen selbst bei der Bundestagswahl 2002, bei der die rechten Flügelparteien keine nennenswerte Rolle spielten, 280.671 gültige Zweitstimmen auf die Republikaner und weitere 215.232 Zweitstimmen auf die NPD. Vier Jahre zuvor hatte die NPD 126.571, die Republikaner sogar 906.383 Stimmen erhalten, so daß beide Parteien gemeinsam mehr als eine Million Bürger für sich mobilisieren konnten.[4]

Die Zahl derjenigen, die sich an Kundgebungen, Aufmärschen, sonstigen Aktionen oder gar Straftaten mit extremistischem Hintergrund beteiligen, nimmt sich dagegen verschwindend gering aus. Für 1998[5] bezifferte das Bundesamt für Verfassungsschutz das „Rechtsextremismuspotential“ (gewaltbereite Rechtsextremisten, Neonazis sowie Mitglieder rechtsextremistischer Parteien und sonstiger Organisationen nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften) auf rund 54.000, für 2002[6] auf etwa 45.000 Personen. Ebenfalls für das Jahr 2002 verzeichnet die amtliche Statistik knapp 13.000 rechtsextremistisch motiviert Straftaten, bei denen es sich zumeist um Fälle von Volksverhetzung und sogenannten Propagandadelikte (Verwendung von Kennzeichen oder Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen nach §86/86a STGB) handelte.[7] Selbst wenn man davon ausgeht, daß keineswegs alle entsprechenden Straftaten erfaßt werden und eine Vielzahl von extremistisch motivierten Handlungen im Alltag ohnehin nicht justitiabel sind, ist die Wahl rechter Flügelparteien somit rein quantitativ die wichtigste Erscheinungsform des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik.

Ziel dieses Beitrages ist es, deshalb dem Leser einen knappen Überblick über den Stand der Forschung auf diesem Gebiet zu geben. Dazu ist es notwendig, zunächst eine Arbeitsdefinition von Rechtsextremismus festzulegen (Abschnitt 2.1). Im Anschluß daran werden die wichtigsten Parteien der extremen Rechten in Deutschland kurz vorgestellt (Unterkapitel 2.2). Abschnitt 2.3 gibt dann eine Übersicht über die Wahlerfolge der extremen Rechten in der Bundesrepublik; Kapitel 2.4 beschäftigt sich mit der Frage, welche sozialen Gruppen hinter den Erfolgen dieser Parteien stehen. In Abschnitt 2.5 schließlich wird nach tieferliegenden Ursachen für die Wahl der extremen Rechten gesucht.

2.                Wahlen und Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland

2.1            Rechtsextremismus: Eine Arbeitsdefinition

Die Literatur zur Extremismusforschung und insbesondere zum Rechtsextremismus ist kaum noch überschaubar[8] und zeichnet sich durch eine verwirrende Vielfalt von je unterschiedlich definierten Begriffen aus, die sich zudem auf unterschiedliche Ebenen der sozialen Realität, etwa auf allgemeine Persönlichkeitsmerkmale der Bürger, auf deren politische Einstellungen, auf politische Ideologien und Zielvorstellungen der Parteien und schließlich auch auf das Verhalten von Wählern und Politikern, beziehen.

Der früher häufig gebrauchte Begriff des Rechtsradikalismus ist dabei „zum eher unverbindlichen catch-all-term geworden (…). Versuche, den Begriff wissenschaftlich weiterzuentwickeln, gibt es praktisch nicht mehr“.[9] In der internationalen Literatur ist die Entsprechung „radicalism“ als Bezeichnung für Phänomene, die sich an den Rändern des politischen Meinungsspektrums bewegen, zwar nach wie vor verbreitet. Als eigenständiges theoretisches Konzept jedoch spielt Radikalismus dort ebenfalls keine Rolle mehr.

Der für die heutige (deutschsprachige) Wahlforschung wichtigste unter diesen Termini ist vielmehr der des Rechtsextremismus. Eine wichtige Rolle für die Entwicklung des modernen Extremismuskonzeptes spielte zunächst die Studie von Seymour Martin Lipset und Earl Raab, in der beide Autoren Extremismus im wesentlichen mit Antipluralismus, d.h. der „Schließung des politischen Marktes“ gleichsetzten. Charakteristisch für das extremistische Denken ist nach Lipset und Raab „[a] tendency to treat cleavage and ambivalence as illegitimate“.[10]

Stark von Lipset und Raab einerseits, von dem im Grundgesetz realisierten Konzepts der „streitbaren Demokratie“ andererseits beeinflußt ist die Weiterentwicklung des Begriffs durch Uwe Backes und Eckhard Jesse. Extremistisch in einem allgemeinen Sinne sind nach diesem Verständnis Organisationen, Ideologien, Handlungen und Personen, die sich gegen den demokratischen Verfassungsstaat bzw. gegen die vom Bundesverfassungsgericht konkretisierte freiheitlich demokratische Grundordnung richten, also anti-demokratisch sind.[11]

Einen spezifisch „rechten“ Charakter gewinnt extremistisches Denken dann, wenn es das „Prinzip menschlicher Fundamentalgleichheit negiert“[12] und die universalen Menschenrechte durch den Maßstab der Zugehörigkeit zur eigenen Gruppe ersetzt, die auf der Grundlage von Nationalität, Ethnie, Rasse oder Kultur definiert wird.[13] Empirisch verbindet sich diese (zumeist affektiv aufgeladene) Ablehnung der Fremdgruppen häufig mit einer Vorliebe für strikte Hierarchien.[14] Bei innenpolitischen Themen hängen Rechtsextremisten deshalb oft einem „law&order-Denken“ an, dessen letzte Konsequenz die Ersetzung der Demokratie durch die Herrschaft eines „starken Mannes“ wäre. In der Wahrnehmung der Staatenwelt neigen Rechtsextremisten in ähnlicher Weise dazu, eine Rangfolge von Kulturen Völkern und Nationen aufzustellen, deren extremste Form der biologisch begründete Rassismus und Antisemitismus darstellen.

Aus der engen Anlehnung des Rechtsextremismus-Begriffs an die Wertordnung des Grundgesetzes und die Praxis der Verfassungsschutzbehörden ergeben sich einige Probleme, die vor allen darin begründet liegen, daß es heute – anders als in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts – für Parteien und Politiker in keiner Weise opportun ist, sich klar extremistisch zu äußern. Zum einen findet die Idee der Demokratie in Deutschland wie auch in allen anderen Ländern Westeuropas breiteste Zustimmung, auch wenn die Bürger mit den konkreten Leistungen ihres demokratischen Systems zuweilen wenig zufrieden sind.[15] Deshalb wäre es für eine Partei politisch unklug, offen gegen die Demokratie zu agitieren. Zum anderen ist der juristische Druck, der auf politische Extremisten ausgeübt wird, hoch.[16] Zumindest in ihren offiziellen Programmen vermeiden die Flügelparteien deshalb Aussagen, die zu einer Strafverfolgung bzw. einem Parteienverbot führen könnten. [17] Die Einstufung solcher Parteien als extremistisch stützt sich deshalb auf sonstige Dokumente und die Äußerungen einzelner Parteimitglieder, die in den jährlichen Verfassungsschutzberichten dokumentiert werden. Inwieweit aber die Partei als ganzes für diese Aussagen verantwortlich gemacht werden kann, ist eine Frage, die zumindest diskutiert werden müßte (vgl. dazu auch Punkt 2.2.4).

Trotz dieser Probleme orientiert sich ein großer Teil der Beiträge aus der deutschsprachigen und internationalen Wahlforschung zumindest indirekt an dem hier skizzierten Verständnis von Rechtsextremismus. Dabei wird in der Regel nicht systematisch zwischen dem vom Extremismusbegriff abgeleiteten Adjektiv „rechtsextremistisch“ und dem allgemeineren, stärker auf die räumliche Verortung im Parteienspektrum bezogenen Epitheton „rechtsextrem“ unterschieden. Beide dienen als Bezeichnung für Parteien, Ideologien und Personen, die dem „Prinzip menschlicher Fundamentalgleichheit“ ablehnend gegenüberstehen und infolgedessen ein zumindest problematisches Verhältnis zur liberalen Demokratie entwickeln.

Der Terminus Rechtspopulismus, mit dem in der neueren Literatur häufig solche Parteien bezeichnet werden, die sich am rechten Rand des Meinungsspektrums bewegen, aber „kaum mehr dem klassischen Muster von Rechtsradikalismus bzw. Rechtsextremismus entsprechen“ und zumindest nach außen hin Demokratie und Menschenrechte akzeptieren,[18] hat sich bislang nicht gegen das Extremismus-Konzept durchsetzen können, da der neue Begriff vielen Forschern zu vage erscheint, in der Praxis nur schwer vom Rechtsextremismusbegriff abzugrenzen ist[19] und sich in seiner Definition Aspekte der Ideologie, der Parteiorganisation und des politischen Kommunikationsstils vermischen.[20]

2.2            Die relevanten Parteien

In einer häufig zitierten Studie[21] zur extremen Rechten in Westeuropa unterscheidet Piero Ignazi zwischen zwei Typen von Rechtsparteien: Die (unabhängig von ihrem Gründungsdatum) als „alt“ bezeichneten Parteien knüpften personell und programmatisch an die totalitären Ideologien und Regime der Vergangenheit an, während die „neuen“ (und häufig erfolgreicheren) Parteien bei grundsätzlich ähnlicher Zielsetzung zumindest prima facie keine Verbindung zu Nationalsozialismus oder Faschismus aufwiesen. Diese Einteilung vereinfacht die tatsächlichen Verhältnisse zwar stark, hat aber durchaus heuristischen Wert. Wendet man sie auf Deutschland an, so zeigt sich rasch, daß alle für die Bundesrepublik relevanten Rechtsparteien dem Typus der „alten“ Parteien angehören. Auch den „Republikaner“, die Ignazi ursprünglich den „neuen“ Rechtsparteien zugeordnet hatte, gelang es nicht, aus dem langen Schatten des Nationalsozialismus herauszutreten.[22]

2.2.1.     Die Sozialistische Reichspartei (SRP)

Am deutlichsten zeigt sich diese Verwandtschaft mit dem Nationalsozialismus bei der SRP, die im Oktober 1949 durch Abspaltung aus der „Deutschen Konservativen Partei – Deutschen Rechtspartei“ hervorging und sich rasch zur erfolgreichsten (vgl. Punkt 2.3) unter den zahlreichen rechtsgerichteten Klein- und Kleinstparteien der unmittelbaren Nachkriegszeit entwickelte.[23] Schon mit der Wahl ihres Namens wies die Partei auf die Traditionslinie hin, innerhalb derer sie sich bewegte. Fast alle Gründungsmitglieder waren bereits vor 1933 Mitglied der NSDAP oder anderer NS-Organisationen gewesen und hatten sich bald nach Kriegsende in rechtsextremen Zirkeln zusammengefunden. Ehemalige Aktivisten der NSDAP wurden von der Parteispitze gezielt angeworben, Führungspositionen bewußt mit „verdienten Parteigenossen“ besetzt. Auch ihre Programmatik übernahm die SRP in weiten Teilen von der NSDAP und paßte sich dabei „nur minimal den Bedingungen im Nachkriegsdeutschland an“.[24] Auf dem Höhepunkt ihres Erfolges hatte die Partei nach unabhängigen Schätzungen etwa 10.000 Mitglieder, davon rund zwei Drittel in Niedersachsen. Im Frühjahr 1951 wurden von der Bundsregierung auf der Grundlage des Vereinsrechtes einige Nebenorganisationen der SRP aufgelöst und die Einleitung des Verfahrens nach Artikel 21 Absatz 2 GG angekündigt.[25] Am 23. Oktober 1952 schließlich wurde die SRP als erste Partei in der Geschichte der jungen Bundesrepublik verboten.

2.2.2.     Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)

Eine weitere Gruppierung, die dem Nationalsozialismus, vor allem aber auch dem extremen Flügel des Weimarer Konservatismus nahestand, war die „Deutsche Reichspartei“.[26] Diese schloß sich 1964 mit mehreren rechten Splittergruppen zur „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NPD) zusammen. Auch diese neugegründete Sammlungspartei hatte auf der Funktionärsebene enge Beziehungen zum Nationalsozialismus: Die überwältigende Mehrheit der Parteiführung hatte bereits der NSDAP, der SRP oder anderen verbotenen Organisationen der extremen Rechten angehört.[27]

Das Programm der NPD beinhaltete zunächst eine heterogene Mischung von nationalsozialistischen, antikommunistischen, und zu Beginn sogar konservativ-katholischen Elementen.[28] Kernforderungen der Partei waren dabei stets die deutsche Wiedervereinigung und eine Revision der Oder-Neiße-Grenze. Nach ihrem Scheitern bei der Bundestagswahl 1969 nahm die Partei in den 1970er Jahren offen ausländerfeindliche Parolen in ihr Programm auf und rückte insgesamt noch weiter nach rechts.

Seit dieser Zeit konnte die Partei nur noch wenige regional begrenzte Wahlerfolge erzielen. In den neunziger Jahren hat sich die NPD weitgehend aus der Wahlpolitik zurückgezogen und konzentriert sich nun darauf, vor allem in Ostdeutschland gewaltbereite rechtsextreme Jugendliche zu organisieren. Udo Voigt, seit 1996 Vorsitzender der NPD, hat diese Strategie öffentlich mehrfach als „Kampf“ bzw. „Schlacht um die Straße“ bezeichnet, die neben, wenn nicht sogar vor der „Schlacht um die Köpfe“ und der „Schlacht um die Wähler“ gewonnen werden müsse.[29] In ihrer Programmatik hat sich die Partei weiter radikalisiert und vertritt nun dezidiert antikapitalistische Positionen.[30]

Auf dem Höhepunkt ihres Erfolges in den späten 1960er Jahren hatte die Partei bis zu 28.000 Mitglieder und konnte in allen Wahlkreisen funktionsfähige Organisationsstrukturen aufbauen.[31] Unmittelbar nach dem Scheitern bei der Bundestagswahl 1969 begann die Zahl der Mitglieder jedoch rapide zu sinken, und viele Kreisverbände zerfielen. Zu Beginn der 1980er Jahre verfügte die Partei nur noch über rund 7.000 Mitglieder, heute sind es etwa 6.000.[32]

2.2.3.     Die Deutsche Volksunion (DVU)

Die „Deutsche Volksunion“ wurde 1971 von dem rechtsextremen Verleger Gerhard Frey, der bis heute ihr Vorsitzender ist, als Verein gegründet. Frey, der mit dem Vertrieb von rechtsgerichteten Publikationen, NS- und Weltkriegsdevotionalien ein Millionenvermögen erworben hat, wollte mit Hilfe der DVU das Wachstum seiner Verlagsgruppe weiter fördern.[33] Erst 1987 wandelte Frey die DVU in eine Partei („DVU – Liste D“, seit 1991 nur noch DVU) um, die sich seitdem eher sporadisch an Wahlen beteiligt hat. Ein im gleichen Jahr geschlossenes Wahlbündnis mit der NPD, die Frey wegen seiner kommerziellen Interessen seit Mitte der 1970er Jahre sehr skeptisch gegenübersteht, wurde bald wieder aufgegeben.

Das offizielle Programm der DVU wurde so gestaltet, daß es keine Handhabe für ein Parteienverbot bietet. Es umfaßt lediglich sechs Druckseiten und beschränkt sich im wesentlichen auf ein Bekenntnis zur Demokratie und Verfassung. Ein umfassenderes Bild von den Positionen der DVU ergibt sich, wenn zusätzlich die DVU-nahen Publikationen sowie Reden Freys und anderer Parteimitglieder herangezogen werden.[34] Ähnlich wie die Republikaner (vgl. Abschnitt 2.4) macht die DVU für Probleme der inneren und der sozialen Sicherheit in erster Linie die ausländische Bevölkerung in Deutschland verantwortlich. Darüber hinaus glorifiziert die DVU in größerem Umfang als die REP bestimmte Aspekte des Nationalsozialismus (Sozialstaatliche Maßnahmen, „Leistungen“ der Wehrmacht), bemüht sich intensiver um eine Relativierung des Holocaust und propagiert ein krudes sozialdarwinistisches Weltbild.

Die DVU wird zuweilen als „virtuelle Partei“ bezeichnet, da sie ganz auf Freys Person ausgerichtet und eng mit Freys Verlag verflochten ist, der die aufwendigen Wahlkämpfe der Partei mit Krediten und Spenden finanziert. Ein Parteileben im eigentlichen Sinne scheint nach wie vor kaum stattzufinden.[35] Der DVU gehören derzeit etwa 13.000 Personen an; 1998, im Jahr ihres großen Wahlerfolges in Sachsen-Anhalt wurde mit 18.000 Mitglieder der bisherige Höchststand erreicht.[36]

2.2.4.     Die Republikaner (REP)

Die Republikaner wurden 1983 auf Initiative zweier ehemaliger CSU-Parlamentarier gegründet, die mit der Fortsetzung der sozial-liberalen Deutschlandpolitik durch die neue Bundesregierung nicht einverstanden waren. Die Partei geriet rasch unter den Einfluß Franz Schönhubers, der 1986 zum Bundesvorsitzenden gewählt wurde. Der frühere Fernsehjournalist Schönhuber kokettierte öffentlich mit seiner Vergangenheit als Mitglied der Waffen-SS, versuchte aber ansonsten zunächst, sich von der „alten“, auf den Nationalsozialismus fixierten Rechten zu distanzieren. Ähnlich wie NPD und DVU traten die REP für eine Revision der Oder-Neiße-Linie ein. Eine wichtige Rolle spielten darüber hinaus Themen der inneren Sicherheit sowie soziale Themen (Renten, Arbeitslosigkeit). Vor allem aber richteten sich die REP gegen die in Deutschland lebenden Ausländer (insbesondere gegen Flüchtlinge und Asylbewerber), die für fast alle politischen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme verantwortlich gemacht wurden.

Nach internen Konflikten um die Position der Partei im politischen Spektrum und insbesondere um die von Schönhuber angestrebte Zusammenarbeit mit der DVU mußte dieser das Amt des Parteivorsitzenden 1994 aufgeben; 1995 verließ er die Partei. Sein Nachfolger wurde Rolf Schlierer, der sich seitdem darum bemüht, die Republikaner als bürgerlich-demokratische Rechtspartei zu positionieren und von der DVU, der NPD sowie den zahlreichen kleineren rechtsextremen Gruppierungen abzugrenzen.[37] Obwohl im Jahr 2002 mit dem langjährigen baden-württembergischen Landesvorsitzenden und stellvertretenden Bundesvorsitzenden Christian Käs einer von Schlierers schärfsten Gegnern aus der Parteiführung ausgeschieden ist, hält der innerparteiliche Widerstand gegen dessen Kurs an, wie den jährlichen Berichten des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu entnehmen ist.[38] In den 1990er Jahren hatten die Republikaner rund 15.000 Mitglieder, derzeit sind noch etwa 9.000 Bürger in der Partei organisiert.[39]

2.2.5.     Zwischenbilanz

Die hier vorgestellten relevanten Rechtsparteien haben ein höchst problematisches Verhältnis zu den Normen und Werten der liberalen Demokratie. Dies gilt in gleicher Weise für die große Zahl weiterer Gruppierungen, die sich am rechten Rand des demokratischen Spektrums bewegen und gelegentlich an Wahlen teilgenommen haben, ohne nennenswerte Erfolge zu erzielen. Keiner dieser Parteien gelang es, sich in überzeugender Weise vom Erbe des Nationalsozialismus zu lösen und sich als „moderne“ Rechtspartei im Sinne Ignazi zu konstituieren. Einzelne Versuche in dieser Richtung, etwa der mittlerweile aufgelösten „Bund freier Bürger“ oder die sehr weit rechtsstehende, aber nicht extremistische[40] Schill-Partei – sind bislang gescheitert.[41] Neben dem in den 1970er Jahren aufgekommenen Ausländer-Thema dominieren deshalb Elemente des „klassischen“ bundesdeutschen Rechtsextremismus – scharfe Kritik an den etablierten Parteien, die als Verräter der nationalen Interessen dargestellt werden, ein zumindest latent vorhandener Antisemitismus und Rassismus, der Wunsch nach einer Revision der Nachkriegsgrenzen und die Relativierung, wenn nicht Verklärung der Nationalsozialismus – noch immer das Bild der rechten Flügelparteien. Damit ist allerdings noch nichts über die Wählerschaft der extremen Rechten ausgesagt: Immerhin wäre es denkbar (wenn auch nicht sehr wahrscheinlich), daß sich die Wähler gar nicht bewußt sind, für was diese Parteien stehen, oder daß die extreme Rechte nicht wegen, sondern trotz ihres Profils unterstützt wird (vgl. Abschnitt 2.5).

2.3            Die drei Wellen rechtsextremer Wahlerfolge in der Bundesrepublik

Insgesamt gesehen ist die „Geschichte extremistischer Parteien in der Bundesrepublik Deutschland ¼ weithin die Geschichte ihrer Erfolglosigkeit“.[42] Nichtsdestotrotz konnte die extreme Rechte auf unterschiedlichen Ebenen und in einzelnen Phasen der Nachkriegsgeschichte durchaus einige bemerkenswerte Wahlerfolge erzielen. In der Literatur hat es sich deshalb eingebürgert, von drei (relativ klar voneinander abgrenzbaren) „Wellen“ rechtsextremer Wahlerfolge zu sprechen, über die Abbildung 1 einen Überblick gibt, in der die Stimmenanteile der Rechtsparteien bei Bundes-, Landtags- und Europawahlen zusammengestellt wurden.[43]

Da insbesondere bei den Landtagswahlen der neunziger Jahre häufig zwei oder drei Parteien um die Stimmen des rechten Lagers konkurrierten, wurden für jede Wahl die Anteile aller rechten Parteien an den gültigen Listenstimmen aufsummiert. Ansonsten bestünde die Gefahr, daß man den Umfang des rechten Wählerpotentials unterschätzt. Um angesichts der großen Zahl von Landtagswahlen, die seit der Gründung der Bundesrepublik abgehalten wurden, die Darstellung übersichtlich zu halten, enthält die Grafik für jedes Wahljahr nur das beste summierte Landtagswahlergebnis der rechten Parteien.

Bei der Betrachtung fällt erstens ins Auge, daß Landtags- und Europawahlen in gewisser Weise als Nebenwahlen[44] gelten können. Seit den fünfziger Jahren erzielen die rechten Parteien bei diesen Wahlen wesentlich bessere Ergebnisse als bei Bundestagswahlen, die unter ähnlichen Bedingungen im gleichen, im folgenden oder im unmittelbar vorangehenden Jahr stattfinden. Für diesen altbekannten Befund werden häufig zwei (komplementäre) Erklärungen ins Feld geführt. Zum einen seien die Anhänger kleiner Parteien stärker motiviert zur Wahl zu gehen und könnten wegen der meist recht niedrigen Wahlbeteiligung bei Landtags- und Europawahlen einen überproportionalen Einfluß ausüben. Zum anderen seien die Bürger bei diesen Wahlen, die als weniger relevant gelten, eher bereit, mit ihrer Stimme zu experimentieren und eine nicht-etablierte Partei zu unterstützen.[45]

Abbildung 1: Die Erfolge der extremen Rechten bei Bundes-, Landtags- und Europawahlen

Wahlen und Rechtsextremismus 1

Zweitens zeigt sich, daß, von diesen Niveauunterschieden einmal abgesehen, Bundes-, Landtags- und Europawahlergebnisse der rechten Parteien einem ähnlichen Muster folgen. Obwohl die extreme Rechte in manchen Wahlkreisen und Bundesländern über mehrere Wahlen hinweg besonders erfolgreich waren (vgl. Abschnitt 2.4), spricht dies spricht dafür, daß ihre Chancen zu einem erheblichen Teil auch von überregional wirksamen Faktoren beeinflußt werden.

Drittens schließlich ist klar zu erkennen, daß das Muster rechter Wahlerfolge in der Bundesrepublik dem oben angesprochenen Konjunkturzyklus folgt: Die erste „Welle“ setzte bald nach der Gründung der Bundesrepublik ein und fand schon im Frühjahr 1951 ihren Höhepunkt, als SRP bei der niedersächsischen Landtagswahl einen Anteil von elf Prozent erringen konnte. In neun von 95 Wahlkreisen stimmten mehr als ein Viertel der Wähler für die SRP, in vier Wahlkreisen wurde sie sogar zur stärksten Partei.[46] Obwohl die Regierung Adenauer, wie oben erwähnt, bereits vor der Wahl einige Nebenorganisationen der Partei verboten und die Anrufung des Verfassungsgerichtes angekündigt hatte, traten die in der „Niedersächsischen Union“ zusammengeschlossenen Landesverbände von CDU und Deutscher Partei daraufhin in Koalitionsverhandlungen mit der SRP ein, die aber nach einigen Wochen scheiterten.[47] Im Oktober desselben Jahres erzielte die SRP bei den Bürgerschaftswahlen in Bremen mit einem Anteil von acht Prozent der gültigen Stimmen abermals ein sehr gutes Ergebnis. Selbst im März 1952, als das Verbotsverfahren bereits im Gange und die SRP über Monate hinweg mit einem Versammlungsverbot belegt war, kam die Partei bei den Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung für den neugegründeten Südweststaat im Landesteil Württemberg-Baden noch auf einen Stimmenanteil von fast vier Prozent. In einigen nordbadischen Regionen schnitt sie sogar noch weitaus besser ab.[48]

Das Verbot der SRP war für den parteiförmigen Rechtsextremismus fraglos von entscheidender Bedeutung. Trotzdem beteiligten sich die Parteien am rechten Rand des politischen Spektrums weiterhin an Wahlen und übersprangen dabei zweimal denkbar knapp die Fünfprozenthürde:[49] In Rheinland-Pfalz kam die Deutsche Reichspartei 1959 auf 5,1 Prozent; in Bremen erzielte 1964 ein Zusammenschluß von Mitgliedern der früheren Deutschen Partei, des Gesamtdeutschen Blocks/BHE und der Deutschen Reichspartei einen Anteil von 5,2 Prozent. Dieses Bündnis gilt als erfolgreicher Testfall für die ein Jahr später erfolgte Gründung der NPD.

Deren Teilnahme an der Bundestagswahl von 1965, bei der sie mit einem Ergebnis von zwei Prozent der Stimmen zumindest einen Achtungserfolg erzielte, markiert den Beginn der zweiten Welle rechtsextremer Wahlerfolge. In den Jahren von 1966 bis 1968 zog die neue Sammlungspartei mit Ergebnissen zwischen 5,8 und 9,8 Prozent der gültigen Stimmen in die Landesparlamente von Bayern, Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein ein und stellte damit das rund zehn Jahre zuvor entstandene Politikmonopol der drei bzw. vier „Bonner Parteien“ ernsthaft in Frage. Bei der Bundestagswahl von 1969 scheiterte die NPD jedoch mit 4,3 Prozent der Stimme abermals an der Sperrklausel.

Von diesem Schlag hat sich die Partei auf der organisatorischen wie auf der Wählerebene nie wieder erholt. Bei der nächsten Runde von Landtagswahlen in den Jahren 1970 und 1971 fiel die NPD auf Ergebnisse zwischen 1,1 (Nordrhein-Westfahlen) und 3,4 Prozent (Saarland) zurück; seitdem hat sie selten mehr als ein Prozent der gültigen Stimmen erhalten.

Die dritte Welle rechtsextremer Wahlerfolge schließlich setzte erst rund anderthalb Jahrzehnte mit den für viele Beobachter überraschenden Achtungserfolgen ein, die Republikaner und DVU bei den Landtagswahlen von 1986 (Bayern) und 1987 (Bremen) erzielen konnten. Mit dem Einzug der Republikaner ins Berliner Abgeordnetenhaus und ins Europaparlament (1989), bei denen die Republikaner 7,5 bzw. 7,1 Prozent der Stimmen erhielten, erreichte sie einen ersten Kulminationspunkt. Obwohl die rechten Parteien in der Folgezeit häufig an der Sperrklausel scheiterten,[50] gelang es ihnen in den neunziger Jahren immer wieder, in einzelne Landesparlamente einzuziehen – teils auf Grund von Sonderregelungen (Bremen), teils indem sie die Fünfprozenthürde denkbar knapp übersprangen (Brandenburg), teils aber auch durch spektakuläre Erfolge wie in Sachsen-Anhalt, wo die DVU 1998 mit 12,9 Prozent das beste Ergebnis für eine rechte Partei in der Geschichte der Bundesrepublik erzielte.

In den folgenden Jahren ist die Bereitschaft zur Wahl der extremen Rechten allerdings erkennbar zurückgegangen. Seit 1999 hat keine Rechtspartei mehr auf Landes- oder gar Bundesebene die Sperrklausel überwunden.[51] Obwohl es den Rechtsparteien auch sonst nur relativ selten gelungen ist, tatsächlich Parlamentsmandate zu gewinnen, muß man zusammenfassend festhalten, daß die Parteien der extremen Rechten seit Ende der 1980er Jahre Stimmenanteile auf sich vereint haben, die angesichts der historischen Vergleichswerte für die Bundesrepublik als ungewöhnlich hoch gelten müssen. Diese Erfolge beschränken sich allerdings auf die sogenannten Nebenwahlen (Landtagswahlen, Europa-Wahlen 1989). Auf der Bundesebene wurde das NPD-Ergebnis von 1969 bislang nicht übertroffen. Im Vergleich mit Nachbarländern wie Frankreich, Dänemark oder Österreich erscheint die extreme Rechte in Deutschland insgesamt gesehen deshalb relativ schwach.

2.4            Das Sozialprofil der deutschen Rechtswähler

Über die Wähler der SRP ist naturgemäß relativ wenig bekannt, da zu Beginn der 1950er Jahre in Deutschland noch keine systematischen Wahlumfragen durchgeführt wurden. Analysen der regionalen Stimmverteilung deuten aber darauf hin, daß die Partei über Schichtgrenzen hinweg vor allem protestantische Wähler in eher ländlichen Regionen ansprach, in denen bereits die NSDAP erfolgreich gewesen war. Räumlich blieb die SRP während der kurzen Dauer ihrer Existenz klar auf Norddeutschland begrenzt, wenn man von ihrem späten Achtungserfolg im Südwesten einmal absieht.[52]

Wesentlich besser ist die Datenlage im Falle der NPD.[53] Auch diese blieb zunächst auf die ländlich-protestantisch geprägten Räume Norddeutschlands beschränkt, konnte dann aber auch im Süden und in katholischen Regionen Wähler für sich gewinnen. Ihre soziale Basis rekrutierte sich vor allem aus dem sogenannten alten Mittelstand, d.h. aus der heute stark geschrumpften Gruppe der Landwirte, Gewerbetreibenden, Einzelhändler und sonstigen kleineren Selbständigen, die Mitte der 1960er Jahre noch einen erheblichen Teil der Erwerbsbevölkerung ausmachten. Über diese Gruppe hinaus gelang es der NPD aber in einem erstaunlichen Umfang, auch Angehörige der Arbeiterschaft zu mobilisieren. Charakteristisch für das Elektorat der NPD war außerdem ein hoher Anteil von älteren Wählern und vor allem von Männern, was zumeist auf das reaktionäre Frauenbild der extremen Rechten und die generell geringere Bereitschaft von Frauen, sozial abweichendes Verhalten zu zeigen, zurückgeführt wird.

Dies gilt in ähnlicher Weise auch für die seit den späten 1980er Jahren relevanten Rechtsparteien Republikaner und DVU.[54] Auch diese wurden bald nach ihren ersten Wahlerfolgen als „Männerparteien“ charakterisiert.[55] Ihre Wählerschaft rekrutierten beide Parteien in erster Linie unter den einfachen und angelernten Arbeitern sowie den verbliebenen Angehörigen des alten Mittelstandes, in geringerem Umfang auch bei den einfachen Angestellten und Beamten. Unter den Bürgern mit höherer formaler Bildung hingegen fanden Republikaner und DVU so gut wie keine Resonanz. Auffällig war darüber hinaus, daß beide Parteien ähnlich wie die NPD in erster Linie von Menschen gewählt wurden, die kaum Bindungen an die etablierten Parteien, an Kirchen oder Gewerkschaften aufwiesen.[56] An diesem Bild hat sich auch am Beginn des neuen Jahrhunderts nichts geändert. Beispielsweise zeigt die repräsentative Wahlstatistik zur Bundestagswahl 2002, daß die Republikaner – auf insgesamt extrem niedrigem Niveau – bei den Männern mehr als doppelt so viele Stimmen erhielten wie bei den Frauen.[57]

Betrachtet man die räumliche Verteilung der Wahlerfolge von DVU und Republikanern über mehrere Wahlen hinweg, so ist zu erkennen, daß diese vor allem in Hamburg (DVU) und Baden-Württemberg (Republikaner), in geringerem Umfang auch in Schleswig-Holstein und Bremen bzw. Bremerhaven (DVU) erfolgreich waren.

Analysiert man die Ergebnisse von DVU und Republikaner auf der darunterliegenden Ebene der einzelnen Wahlkreise, zeigt sich darüber hinaus, daß es den neuen Rechtsparteien häufig gelungen ist, an regionale und lokale politische Traditionen anzuknüpfen und gerade dort besondere Erfolge zu erreichen, wo bereits die NPD und andere Rechtsparteien ungewöhnlich gute Ergebnisse erzielt haben. Beispielsweise konnte die DVU bei der Schleswig-Holsteinischen Landtagswahl von 1992 im Wahlkreis Lauenburg-Nord mit 8,3 Prozent der gültigen Zweitstimmen ihr Landesergebnis von 6,3 deutlich, nämlich um etwa ein Drittel übertreffen. Im gleichen[58] Wahlkreis hatte die NPD 1967 7,1 Prozent der Stimmen erhalten, während sie im Landesdurchschnitt nur auf 5,8 Prozent kam. Noch aufschlußreicher ist der Vergleich mit der mehr als vier Jahrzehnte zurückliegenden Landtagswahl von 1950: Die SRP erzielte hier damals mit einem Anteil von 7,7 Prozent ihr bestes Wahlkreisergebnis. Im Landesdurchschnitt erreichte sie gerade einmal 1,6 Prozent.[59] Ähnliche Beispiele lassen sich auch für eine Vielzahl anderer Gebiete finden.

2.5            Extremistische Einstellungen und die Wahl der extremen Rechten

Die soziale Basis der extremen Rechten läßt sich, wie im vorangegangenen Abschnitt gezeigt, relativ klar abgrenzen: Anklang fanden die Parteien der extremen Rechten bislang vor allem in solchen sozialen Gruppen, die den ökonomischen, gesellschaftlichen und politischen Wandel, der sich in der Bundesrepublik seit Kriegsende vollzogen hat, häufig als negativ und bedrohlich empfinden, selbst wenn ihre eigene materielle Lage nach objektiven Kriterien nicht oder noch nicht gefährdet ist.

Schon für die Wähler und Anhänger des Nationalsozialismus wurde argumentiert, daß solche Statusängste zu einer Abwendung von den demokratischen Werten und Regeln und insbesondere zu einer Projektion der Bedrohungsgefühle auf Fremdgruppen führen können. Die Erfolge der NPD in den 1960er Jahren boten dann für Erwin K. Scheuch und Hans-Dieter Klingemann den Anlaß, diese Überlegungen zu einer höchst differenzierten Theorie rechter Wahlerfolge weiterzuentwickeln.[60]

Scheuch und Klingemann zufolge verunsichern rasche Wandlungsprozesse viele Bürger. Eine „pathologische“ Form der Anpassung an diese als beunruhigend empfundenen Veränderungen bestehe in der Entwicklung eines rigiden Denkstiles im Sinne der von Adorno, Eysenck und Rokeach entwickelten Konzepte.[61] Ein solcher Denkstil beinhalte die Entwicklung von Freund-Feind-Schemata, die Bevorzugung einfacher und dabei radikaler politischer Konzepte sowie die Abwehr neuer Erfahrungen und Informationen über die soziale und politische Realität, welche die gewonnene Sicherheit wieder in Frage stellen könnten. Wenn innerhalb eines politischen Systems extremistische Parteien existieren, die das so entstandene Bedürfnis nach einfachen Erklärungen und drastischen Maßnahmen befriedigen können, sei es wahrscheinlich daß sich zumindest ein Teil der Bürger mit rigidem Denkstil diesen Gruppierungen zuwendet.

Ein vollständiger Test der Theorie von Scheuch und Klingemann steht bis heute aus.[62] Eine große Zahl empirischer Untersuchungen deutet jedoch darauf hin, daß die Wähler der deutschen Rechtsparteien in ihrer übergroßen Mehrheit selbst rechtsextreme Einstellungen aufweisen.

Bei näherer Betrachtung ist dies im Grunde wenig überraschend: Im Falle der SRP konnte es ohnehin keine Zweifel über Herkunft und Ziele der Partei geben. Über NPD, REP und DVU wurde und wird in den Medien intensiv und in der Regel sehr kritisch berichtet. Alle drei Parteien werden in der Öffentlichkeit immer wieder mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht. Daß eine nennenswerte Zahl von Wählern diese Gruppierungen als demokratisch und gemäßigt wahrnimmt, erscheint vor diesem Hintergrund sehr unwahrscheinlich und läßt sich auch empirisch nicht belegen: Bei einer repräsentativen Untersuchung anläßlich der Bundestagswahl 1998 ordneten vielmehr sowohl die Wähler die rechten Flügelparteien als auch die Wähler der anderen Parteien DVU und Republikaner am äußersten rechten Rand des Parteienspektrums ein.[63] Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß die Wähler der Rechtsparteien auch sich selbst sehr weit rechts einstufen.[64]

Tabelle 2: Rechtsextreme Einstellungen und die Wahl rechter Flügelparteien 1994-2002

Zustimmung zu ¼

Wähler anderer Parteien

Wähler von NPD, DVU, REP

„Anschläge auf Asylbewerberheime kann ich gut verstehen“

4

31

„Auch heute noch ist der Einfluß von Juden zu groߓ

17

50

„Der Nationalsozialismus hatte auch seine gute Seiten“

12

61

Lesehilfe: 50 Prozent der Wähler von NPD, DVU und Republikanern, aber nur 17 Prozent der Wähler der übrigen Parteien stimmten der Aussage zu, auch heute noch sei der Einfluß der Juden zu groß

 

Diese Einschätzung ist durchaus realistisch, wie aus Tabelle 2 hervorgeht. In sind Zustimmungsraten zu Aussagen, die als exemplarisch für eine Reihe rechtsextremer Einstellungen wie (gewaltbereite) Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und Verklärung des Nationalsozialismus gelten können, aufgelistet. Das Bild, das sich dabei ergibt, ist bemerkenswert klar: In weit höherem Maße als die Wähler anderer Parteien identifizieren sich die Anhänger der Flügelparteien mit Elementen rechtsextremen Gedankengutes.

Um Mißverständnisse zu vermeiden, ist es wichtig, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß die (möglicherweise gedankenlose) Zustimmung zu einzelnen Aussagen dieser Art kein hinreichender Beleg dafür ist, daß ein einzelner Bürger als Rechtsextremist gelten müßte. Einen solchen Nachweis zu führen ist auch kein Ziel der Wahlforschung. Beweisen läßt sich mit solchen Untersuchungen aber, daß die Bereitschaft zur Übernahme rechtsextremer Ideologiefragmente unter den Anhängern der rechten Flügelparteien sehr viel größer, nämlich drei- bis achtmal höher ist als unter den übrigen Wählern. Besonders klar zeigt sich dies bei der Aussage zu den Asylbewerbheimen, die vor dem Hintergrund der schweren Brandanschläge, die in den vergangenen Jahren verübt wurden, nur als Zustimmung zu extremistisch motivierten Mordversuchen verstanden werden kann. Selbst diesem Item stimmte fast ein Drittel der befragten Rechtswähler zu.

Abbildung 2: Ideologie, „Politikverdrossenheit“ und die Wahl rechter Parteien 1994-2002

Wahlen und Rechtsextremismus 2

Rechtsextreme Einstellungen und die Wahl von DVU, REP und NPD stehen also in einem sehr engen Verhältnis zueinander. Die Anfang der 1990er Jahre häufig geäußerte Vermutung, daß die neuentstandenen Rechtsparteien nur aus im Grunde unideologischen Protestmotiven heraus gewählt würden,[65] läßt sich hingegen nicht bestätigen, wie in Abbildung 2 zu erkennen ist, die entsprechende Befunde von Falter[66] für die frühen 1990er Jahre bestätigt. Für diese Abbildung wurden die in Tabelle 2 aufgeführten Items durch weitere Aussagen dieser Art ergänzt und zu einer Skala zusammengefaßt.[67] Anschließend wurde eine zweite Skala konstruiert, um Verdrossenheits- und Protestmotive[68] der Befragten zu erfassen.[69] In einem dritten Analyseschritt wurden dann vier Gruppen von Befragten gebildet: solche die auf beiden Skalen niedrige Werte aufweisen (im Diagramm ganz links), solche die niedrige Werte auf der Rechtsextremismusskala mit hohen Werten auf der Verdrossenheitsskala verbinden (zweite Säule von links), solche die eine große Zahl von rechtsextremen Einstellungen aufweisen, aber politisch zufrieden sind (dritte Säule), und schließlich solche, die rechtsextrem und politisch unzufrieden sind (Säule ganz rechts). Die Höhe der jeweiligen Säulen repräsentiert den kombinierten Anteil, den die drei rechten Flügelparteien in diesen Gruppen erreichen konnten. Interessant ist hier insbesondere die zweite Gruppe, in der sich die nicht-rechtsextremen Protestwähler finden müßten. .Der Anteil derjenigen, die angaben, für eine Partei der extremen Rechten stimmen zu wollen, ist realiter jedoch verschwindend gering.

Im rechten Teil der Grafik hingegen ist nochmals klar zu erkennen, daß rechtsextreme Einstellungen eine notwendige Bedingung für die Wahl der rechten Flügelparteien bilden. Nur solche Befragte, die ein hohes Maß an rechtsextremen Einstellungen aufweisen, stimmen überhaupt in nennenswertem Umfang für DVU, NPD oder REP.

Bemerkenswert ist dabei allerdings, daß selbst in der Gruppe derjenigen, die rechtsextrem und politisch unzufrieden sind, nur knapp zehn Prozent für eine Rechtspartei stimmen wollten. Die große Mehrheit dieser Bürger enthält sich der Stimme oder votiert für eine der großen Volksparteien. Das gleiche gilt für die Gruppe derjenigen, die rechtsextrem, aber politisch nicht unzufrieden sind.

Damit stellt sich der Wahlforschung die für viele Bürger vielleicht überraschende Frage, warum die extreme Rechte in Deutschland verglichen mit anderen europäischen Ländern so schwach ist, und warum ihre Unterstützung über die Zeit hinweg derart großen Schwankungen unterliegt (vgl. Abschnitt 2.3). Einen Ansatzpunkt bieten auch hier die Überlegungen von Scheuch und Klingemann, die darauf hinweisen, daß extremistische Einstellungen keineswegs automatisch zur Wahl extremistischer Parteien führen. Vielmehr spielen bei der Umsetzung von extremistischen Einstellungen in Wahlverhalten zahlreiche institutionelle und andere Makro-Faktoren, die in der neueren Literatur unter dem Begriff der „Gelegenheitsstruktur“[70] zusammengefaßt werden, sowie deren Wahrnehmung durch die Bürger eine wichtige Rolle. Zu denken ist dabei etwa an die Anzahl und die organisatorische Stärke der extremistischen Parteien, an die rechtlichen Vorschriften, die die Gründung, Kandidatur und Wahlwerbung der Parteien regeln, an die Präsentation der Extremisten in den Medien, an das programmatische Angebot der demokratischen Parteien, die politische Agenda der Öffentlichkeit, an die bisherigen Wahlerfolge der Extremisten, in denen sich die soziale Akzeptanz einer entsprechenden Wahlentscheidung widerspiegelt, sowie die Anreize, die für Bürger und Parteien vom Wahlsystem ausgehen.

Beispielsweise wurde schon früh darauf hingewiesen, daß die Unionsparteien nach dem Ende der Großen Koalition innen- und außenpolitisch wieder weiter nach rechts rücken konnten. Dadurch eröffnete sich ihnen die Möglichkeit, potentielle NPD-Wähler zu (re-)integrieren.[71] Systematische Analysen zum Einfluß solcher Gelegenheitsstrukturen auf die Wahl der extremen Rechten gestalten sich in der Forschungspraxis allerdings außerordentlich schwierig, da die Wirkung dieser Faktoren nur über die Zeit und über Ländergrenzen hinweg untersucht werden kann und die Zahl der Meßpunkte (=Wahlen) in Relation zur Zahl der infragekommenden Faktoren klein ist.[72]

3.                Fazit

Ziel dieses Beitrages war es, dem Leser einen knappen Überblick über die quantitativ wichtigste Form rechtsextremistischen Verhaltens, nämlich die Wahl der rechten Flügelparteien zu geben. Dabei zeigte sich, daß alle in Deutschland relevanten Rechtsparteien – SRP, NPD, REP und DVU – dem Typus der „alten“ Rechtsparteien zuzurechnen sind, denen es nicht gelungen ist, sich aus dem Schatten dese Nationalsozialismus zu lösen.

Auch die Wähler dieser Parteien, die sich zumeist aus bildungsfernen Schichten rekrutieren, deren Status durch Modernisierungsprozesse in Frage gestellt wird, haben in ihrer übergroßen Mehrzahl ein zumindest problematisches Verhältnis zur Demokratie. In weit größerem Umfang als die Wähler anderer Parteien stimmen sie Aussagen zu, die sich auf die Kernelemente rechtsextremen Denkens beziehen: Verklärung des Nationalsozialismus, Antisemitismus, übersteigerter Nationalismus und Ausländerfeindlichkeit.

Bislang konnten die Parteien der extremen Rechten dieses Potential aber kaum ausschöpfen. Die Unterstützung dieser Parteien unterliegt vielmehr Schwankungen und beschränkt sich im wesentlichen auf die Ebene der Länder. Verglichen mit vielen europäischen Partnerländern ist die extreme Rechte in Deutschland zersplittert und ausgesprochen schwach. Die Gründe hierfür dürften in den Defiziten der Rechtsparteien selbst, vor allem aber auch in der politischen Kultur Deutschlands, der „Ventilfunktion“ der zahlreichen Nebenwahlen und nicht zuletzt in der Integrationskraft der demokratischen Parteien liegen.


[1] Arzheimer, Kai und Falter, Jürgen W., 2003: Wahlen, S. 289-312, in: Jesse, Eckhard und Sturm, Roland (Hg.): Demokratien des 21. Jahrhunderts im Vergleich. Historische Zugänge, Gegenwartsprobleme, Reformperspektiven. Opladen: Leske und Budrich, hier S. 290-291.

[2] Grundlegend dazu: Barnes, Samuel H., Kaase, Max, Allerbeck, Klaus, et al. (Hg.), 1979, Political Action. Mass Participation in Five Western Democracies. Beverly Hills: Sage.

[3] Vgl. die Angaben in den entsprechenden Länderkapiteln in Ismayr, Wolfgang (Hg.), 1999, Die politischen Systeme Westeuropas. Opladen: Leske und Budrich, sowie die Zusammenstellungen auf http://www.parties-and-elections.de/, http://www.electionworld.org/ und http://psephos.adam-carr.net/.

[4] Quelle: Amtliche Endergebnisse der Bundestagswahlen 1998 und 2002, verfügbar unter  http://www.bundeswahlleiter.de/wahlen/ergeb98/d/t/bun999_02.htm bzw. http://www.bundeswahlleiter.de/wahlen/bundestagswahl2002/deutsch/ergebnis2002/bund_land/wahlkreis/kr99999.htm.

[5] Bundesministerium des Innern (Hg.), 1999, Verfassungsschutzbericht 1998. Bonn und Berlin, Seite 16

[6] Bundesministerium des Innern (Hg.), 2003, Verfassungsschutzbericht 2002. Berlin, Seite 29

[7]Bundesministerium des Innern (Hg.) 2003, S. 31-32. Vergleichbare Angaben für 1998 fehlen, da ein einheitliches System zur Definition politisch motivierter Straftaten erst zum 1. Januar 2001 eingeführt wurde.

[8] Für einen ersten Überblick vgl. Winkler, Jürgen, 1996: Bausteine einer allgemeinen Theorie des Rechtsextremismus. Zur Stellung und Integration von Persönlichkeits- und Umweltfaktoren, S. 25-48, in: Falter, Jürgen W., Jaschke, Hans-Gerd und Winkler, Jürgen (Hg.): Rechtsextremismus. Ergebnisse und Perspektiven der Forschung (=PVS Sonderheft 27). Opladen: Westdeutscher Verlag und Winkler, Jürgen, 2001: Rechtsextremismus. Gegenstand – Erklärungsansätze – Grundprobleme, S. 38-68, in: Stöss, Richard und Schubarth, Wilfried (Hg.): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Bilanz. Opladen: Leske und Budrich.

[9] Jaschke, Hans-Gerd, 1994: Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Begriffe, Positionen, Praxisfelder. Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 28.

[10] Lipset, Seymour Martin und Raab, Earl, 1971: The Politics of Unreason. Right-Wing Extremism in America, 1790-1970. London: Heinemann, S. 6.

[11] Backes, Uwe und Jesse, Eckhard, 1996: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Vierte, völlig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, S. 45.

[12] Backes/Jesse 1996 S. 45.

[13] Arzheimer, Kai, 2004 (i.E.): Die Wahl extremistischer Parteien, S., in: Falter, Jürgen W. und Schoen, Harald (Hg.): Empirische Wahlforschung. Ein einführendes Handbuch.

[14] Meijerink, Frits, Mudde, Cas und van Holsteyn, Joop [J.M.], 1998, Right-Wing Extremism, Acta Politica 33: 165-178.

[15] Vgl. u.a. Fuchs, Dieter, Gudiorossi, Giovanna und Svenson, Palle, 1995: Support for the Democratic System, S. 323-353, in: Klingemann, Hans-Dieter und Fuchs, Dieter (Hg.): Citizens and the State. Oxford u.a.: Oxford University Press, insbesondere S. 348-349.

[16] Auch dies gilt nicht nur für die Bundesrepublik, sondern auch für andere europäische Länder, in denen extremistische Parteien teilweise sehr viel einfacher verboten werden können als in Deutschland.

[17] Hierin liegt einer der Hauptgründe für die kontrovers geführte Diskussion über die Art und Zahl der Merkmale, die vorliegen müssen, damit eine Person bzw. Partei als rechtsextremistisch gelten kann. Vgl. dazu  Mudde, Cas, 1996, The War of Words. Defining the Extreme Right Party Family, West European Politics 19: 225-248

[18] Betz, Hans-Georg, 2003, Rechtspopulismus in Westeuropa: Aktuelle Entwicklungen und politische Bedeutung, Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft 31: 251-264, S. 251.

[19] Mudde, S. 231-232.

[20] Vgl. dazu exemplarisch Decker, Frank, 2000: Parteien unter Druck. Der neue Rechtspopulismus in den westlichen Demokratien. Opladen: Leske und Budrich, S. 28-29 sowie 47-53. Für eine knappe Kritik an den Begriffen „Rechtspopulismus“ und „Neue Rechte“ vgl. Ignazi, Piero, 2002: The Extreme Right: Defining the Object and Assessing the Causes, S. 21-37, in: Schain, Martin, Zolberg, Aristide und Hossay, Patrick (Hg.): Shadows Over Europe: The Development and Impact of the Extreme Right in Western Europe. New York: Palgrave, S. 22-23.

[21] Ignazi, Piero, 1992, The Silent Counter-Revolution. Hypotheses on the Emergence of Extreme Right-Wing Parties in Europe, European Journal of Political Research 22: 3-34, hier S. 7-16.

[22] So auch Kitschelt, Herbert, 1995: The Radical Right in Western Europe. A Comparative Analysis [unter Mitarbeit von Anthony J. McGann]. Ann Arbor: The University of Michigan Press, S. 205-206.

[23] Vgl. für das folgende Schmollinger, Horst W., 1983b: Die Sozialistische Reichspartei, S. 2274-2336, in: Stöss, Richard (Hg.): Parteien-Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980. Band 2. Opladen: Westdeutscher Verlag.

[24] Schmollinger 1983b, S. 2279

[25] Der Antrag auf Verbot und Auflösung der SRP konnte nicht unmittelbar gestellt werden, da das Bundesverfassungsgericht als letztes der obersten Staatsorgane erst im September 1951 seine Arbeit aufnahm.

[26] Schmollinger, Horst W., 1983a: Die Deutsche Reichspartei, S. 1112-1191, in: Stöss, Richard (Hg.): Parteien-Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980. Band 1. Opladen: Westdeutscher Verlag.

[27] Schmollinger, Horst W., 1983c: Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands, S. 1922-1994, in: Stöss, Richard (Hg.): Parteienhandbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980. Band 2. Opladen: Westdeutscher Verlag, hier S. 1983.

[28] Schmollinger 1983c,. S. 1929.

[29] Bundesministerium des Innern, 2001: Antrag der Bundesregierung auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Berlin; Bundesministerium des Innern 1999 S. 61.

[30] Jesse, Eckhard, 2003, Das Abschneiden der PDS und der Rechtsparteien bei der Bundestagswahl 2002, Zeitschrift für Politik 50: 17-36, S. 21.

[31] Schmollinger  1983c, S. 1973

[32] Bundesministerium des Innern, 2003, S. 68.

[33] Zu Person und Werdegang Freys vgl. Backes/Jesse 1996 S. 337-339.

[34] Bundesministerium des Innern 2003, S. 76-84.

[35] Bundesministerium des Innern 2003, S. 84-85; vgl. auch Hoffmann, Jürgen und Lepszy, Norbert, 1998: Die DVU in den Landesparlamenten: inkompetent, zerstritten, politikunfähig. Eine Bilanz rechtsextremer Politik nach zehn Jahren. Interne Studie 163/1998. Sankt Augustin: Konrad-Adenauer-Stiftung.

[36] Bundesministerium des Innern 2003, S.76; Bundesministerium des Innern 1999, S. 47.

[37] Bundesministerium des Innern 2003, S. 86

[38] Die Republikaner werden seit Anfang der 1990er Jahre vom Verfassungsschutz beobachtet. Bisher sind alle Klagen der Partei gegen diese Praxis gescheitert.

[39] Bundesministerium des Innern 2003, S. 85.

[40] Jesse 2003 S. 21.

[41] Decker, Frank, 2002, Perspektiven des Rechtspopulismus in Deutschland am Beispiel der “Schill-Partei”, Aus Politik und Zeitgeschichte 52(B21): 22-31.

[42] Jesse 2003 S. 18.

[43] Die Grafik wurde aus Arzheimer, Kai, Schoen, Harald und Falter, Jürgen W., 2001: Rechtsextreme Orientierungen und Wahlverhalten, S. 220-245, in: Stöss, Richard und Schubarth, Wilfried (Hg.): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Bilanz. Opladen: Leske und Budrich entnommen und fortgeschrieben.

[44] Vgl. dazu Reif, Karlheinz und Schmitt, Hermann, 1980, Nine National Second-Order Elections: A Systematic Framework for the Analysis of European Elections Results, European Journal of Political Research 8: 3-44.

[45] Roth, Dieter und Schäfer, Hartmut, 1994: Der Erfolg der Rechten. Denkzettel für die etablierten Parteien oder braune Wiedergeburt?, S. 111-131, in: Bürklin, Wilhelm und Roth, Dieter (Hg.): Das Superwahljahr. Deutschland vor unkalkulierbaren Regierungsmehrheiten? Köln: Bund, hier S. 123.

[46] Schmollinger 1983b., S. 2311.

[47] Schmollinger 1983b, S. 2317.

[48] Schmollinger 1983b., S. 2313.

[49] Analog zum Bund haben alle Länder eine Fünfprozentklausel in ihre Wahlsysteme aufgenommen.

[50] In einigen Fällen hätten die Parteien vermutlich durch Wahlabsprachen bzw. Bündnisse ein für sie günstigeres Ergebnis erzielen können. Beispielsweise scheiterte die DVU bei der Hamburger Bürgerschaftswahl von 1997 mit 4,9 Prozent denkbar knapp an der Fünfprozenthürde, während auf die Republikaner weitere 1,8 Prozent der Stimmen entfielen.

[51] Die Bremer DVU stellt seit der Bürgerschaftswahl von 2003 einen Abgeordneten, da die Fünfprozent-Regel getrennt für die Wahlgebiete Bremen und Bremerhaven angewendet wird.

[52] Vgl. Schmollinger 1983b, S. 2312-2313 mit Hinweisen auf die ältere Literatur.

[53] Vgl. vor allem Liepelt, Klaus, 1967, Anhänger der neuen Rechtspartei. Ein Beitrag zur Diskussion über das Wählerreservoir der NPD, Politische Vierteljahresschrift 7: 237-271 und Klingemann, Hans-Dieter und Pappi, Franz Urban, 1972: Politischer Radikalismus. Theoretische und methodische Probleme der Radikalismusforschung, dargestellt am Beispiel einer Studie anläßlich der Landtagswahl 1970 in Hessen. München, Wien: Oldenbourg. Eine Zusammenfassung des Forschungsstandes gibt Schmollinger 1983c, S. 1955-1960.

[54] Da die DVU nur sporadisch an Wahlen teilnimmt und ihre Kandidatur meist relativ kurzfristig bekanntgibt, werden die DVU-Wähler in Umfragen nur sehr selten gesondert erfaßt. Alle bisherigen Ergebnisse sprechen aber dafür, daß zwischen den Anhängern beider Parteien keine relevanten Unterschiede auftreten.

[55] Einen umfassenden Überblick über die Wähler der extremen Rechten in den 1990er Jahren vermittelt die Monographie von  Falter, Jürgen W., 1994: Wer wählt rechts? Die Wähler und Anhänger rechtsextremistischer Parteien im vereinigten Deutschland [unter Mitarbeit von Markus Klein]. München: Beck

[56] Vergleichbare Ergebnisse zeigen sich übrigens auch für die zum großen Teil sehr viel erfolgreicheren Rechtsparteien im westeuropäischen Ausland (vgl. Arzheimer, Kai und Carter, Elisabeth, 2003: Explaining Variation in the Extreme Right Vote: The Individual and the Political Environment. Keele: Keele European Parties Research Unit, Working Paper 19 (http://www.keele.ac.uk/depts/spire/Working%20Papers/KEPRU/KEPRU%20Paper%2019.PDF), Seiten 15-20 mit weiteren Literaturhinweisen).

[57] Jesse 2003, S. 30.

[58] Zuschnitt (und Name) des Wahlkreises haben sich mehrfach geändert. Auf die substantiellen Ergebnisse hat dies keinen Einfluß.

[59] Dabei ist zu berücksichtigen, daß die SRP damals nur in 21 der 47 Wahlkreise Kandidaten aufgestellt hatte.

[60] Scheuch, Erwin K. und Klingemann, Hans-Dieter, 1967, Theorie des Rechtsradikalismus in westlichen Industriegesellschaften, Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts- und Sozialpolitik 12: 11-29.

[61] Adorno, Theodor W., Frenkel-Brunswik, Else, Levinson, Daniel J, et al., 1950: The Authoritarian Personality. New York: Harper; Eysenck, Hans Jürgen, 1954: The Psychology of Politics. London: Routledge, K. Paul; Rokeach, Milton, 1960: The Open and the Closed Mind. Investigations into the Nature of Belief Systems and Personality Systems. New York: Basic Books.

[62] Für einen partiellen Test der Theorie vgl. Arzheimer, Kai und Falter, Jürgen W., 2002: Die Pathologie des Normalen. Eine Anwendung des Scheuch-Klingemann-Modells zur Erklärung rechtsextremen Denkens und Verhaltens, S. 85-107, in: Fuchs, Dieter, Roller, Edeltraud und Weßels, Bernhard (Hg.): Bürger und Demokratie in Ost und West. Studien zur politischen Kultur und zum politischen Prozeß. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.

[63] Die hier und im folgenden analysierten Daten stammen aus dem Projekt „Politische Einstellungen, politische Partizipation und Wählerverhalten im vereinigten Deutschland. Ein Langfristvergleich von Determinanten und Konsequenzen 1994-2002“ (ZA-Nr. 3065/3066/3861). Beide Parteien konnten auf einer Skala von ganz links (1) bis ganz rechts (11) eingestuft werden. Wähler von REP, DVU oder NPD ordneten beide Parteien im Mittel bei 9,8 ein, die Wähler der übrigen Parteien verorteten die Republikaner am Skalenpunkt 10 und die DVU ebenfalls bei 9,8. Der (minimale) Unterschied, der sich bei den Republikanern zeigt, ist statistisch nicht signifikant.

[64] Der Mittelwert für die Wähler der Flügelparteien liegt bei 8,2, der Mittelwert für die Wähler der übrigen einschließlich der bürgerlichen Parteien bei 5,3.

[65] Vgl. z.B. Roth/Schäfer 1994.

[66] Falter 1994

[67] Dabei handelte es sich um die Items „Ohne die Judenvernichtung würde man Hitler heute als einen großen Staatsmann ansehen“ und „Ausländer sollten grundsätzlich ihre Ehepartner unter ihren eigenen Landsleuten auswählen“. Die resultierende Summenskala ist reliabel (Cronbachs a=0,73).

[68] Für eine grundsätzliche Kritik an diesen Konzepten vgl. Arzheimer, Kai, 2002: Politikverdrossenheit. Bedeutung, Verwendung und empirische Relevanz eines politikwissenschaftlichen Begriffes. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.

[69] Die entsprechenden Items lauteten „Die Parteien wollen nur die Stimmen der Wähler, ihre Ansichten interessieren sie nicht“; „Die Parteien betrachten den Staat als Selbstbedienungsladen“; „Die meisten Parteipolitiker sind vertrauenswürdige und ehrliche Menschen (+)“ „Ohne gute Beziehungen zu den Parteien kann der Bürger heute überhaupt nichts mehr erreichen“; „Den Parteien geht es nur um die Macht“; „Die Parteien unterscheiden sich in ihren Zielen so sehr, daß der Bürger klare Alternativen hat (+)“; „Die Parteien üben in der Gesellschaft zuviel Einfluß aus“; „Ohne Berufspolitiker würde unser Land schlechter regiert werden (+)“; „Die meisten Parteien und Politiker sind korrupt“; „Politiker kümmern sich darum, was einfache Leute denken (+)“; „Leute wie ich haben keinen Einfluß auf die Regierung“. Die als positive markierten Aussagen über Parteien und Politiker wurden für die Skalenbildung entsprechend umkodiert. Die resultierende Skala ist reliabel (Cronbachs a=0,78).

[70] Vgl. dazu Arzheimer/Carter 2003 mit weiterführenden Literaturhinweisen.

[71] Schmollinger 1983c, S. 1960.

[72] Erst in jüngster Zeit wurde überhaupt der Versuch unternommen, den Einfluß derartiger Faktoren empirisch zu über eine größere Anzahl von Ländern hinweg zu untersuchen. Vgl. dazu exemplarisch Jackman, Robert W. und Volpert, Karin, 1996, Conditions Favouring Parties of the Extreme Right in Western Europe, British Journal of Political Science 26: 501-521; Knigge, Pia, 1998, The Ecological Correlates of Right-Wing Extremism in Western Europe, European Journal of Political Research 34: 249-279; Lubbers, Marcel, Gijsberts, Mérove und Scheepers, Peer, 2002, Extreme Right-Wing Voting in Western Europe, European Journal of Political Research 41: 345-378; Golder, Matt, 2003, Explaining Variation in the Success of Extreme Right Parties in Western Europe, Comparative Political Studies 36: 432-466; Arzheimer/Carter 2003.