Gesellschaftspolitische Wertorientierungen und Staatszielvorstellungen im Ost-West-Vergleich

1.    Einleitung und Problemstellung Unter einem Wert versteht man nach der in den Sozialwissenschaften weithin akzeptierten Definition von Kluckhohn (1951) eine „Konzeption des Wünschenswerten“, d.h. einen moralischen Maßstab, an dem die Wirklichkeit gemessen wird. Als Bestandteile des kulturellen Systems einer Gesellschaft sind Werte der Makro-Ebene zuzurechnen und existieren damit in gewisser Weise unabhängig von ihren individuellen Trägern. Für das…

50 Jahre Wahlen in Rheinland-Pfalz

Im Verlauf der Analysen hat sich gezeigt, daß für die Wahlen in Rheinland-Pfalz seit Gründung des Landes die starke Stellung der Union charakteristisch war. Dies gilt sowohl für Bundestags- als auch für Landtagswahlen. Eine plausible Erklärung für dieses sehr stabile Muster ist die historisch begründete enge Bindung zwischen der CDU und der katholischen Bevölkerungsmehrheit, die bis in die 80er Jahre hinein mehrheitlich für die Union votierte, den Christdemokraten damit eine relative Mehrheitsposition sicherte und somit für überaus stabile politische Verhältnisse sorgte.

Obwohl sich die konfessionelle Polarisierung im Lande bis heute nachweisen läßt, wurde die Union seit dem Ende der 60er Jahre zunehmend auch für protestantische Rheinland-Pfälzer wählbar – erstmals gelang der Partei der Ausbruch aus dem katholischen „Turm”, zu dem Julius Bachem bereits 1906 aufgerufen hatte. Durch eine Mobilisierung evangelischer Wähler konnte sie ihre soziale Basis so weit verbreitern, daß sie über einige Legislaturperioden hinweg die absolute Mehrheit der Stimmen erreichte.

Gleichzeitig müssen sich jedoch die traditionellen Bindungen der katholischen Wähler an ihre Partei gelockert haben, da aus einer Reihe von Fehlleistungen der CDU dramatische Verluste resultierten, deren absolutes Ausmaß bislang durch die sinkende Wahlbeteiligung verdeckt wurden. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, daß das Wahlverhalten der Rheinland-Pfälzer in Zukunft weit weniger stabil und berechenbar sein wird als in den vergangenen Jahrzehnten.

Ranking- und Rating-Verfahren zur Messung von Wertorientierungen, untersucht am Beispiel des Inglehart-Index. Empirische Befunde eines Methodenexperiments

Über die Frage, ob Ranking-Prozeduren wirklich besser für die Messung von Wertorientierungen geeignet sind als Rating-Skalen, gibt es in der Empirischen Sozialforschung eine andauernde Diskussion. Um diese Debatte mit mehr empirischer Evidenz anzureichern, haben wir ein Methodenexperiment in eine zweiwellige schriftliche Panelbefragung integriert: In der ersten Panelwelle wurden die Befragten gebeten, die vier Items des Inglehart-Index sowohl unabhängig voneinander in ihrer Wichtigkeit zu bewerten als auch rangzuordnen. In der zweiten Panelwelle haben wir diese Bitte wiederholt, dabei allerdings der Hälfte der Respondenten einen Fragebogen vorgelegt, in dem die Reihenfolge der Items vertauscht war. Mit Hilfe dieses experimentellen Designs können wir zeigen, daß ein Zusammenhang zwischen der Reihenfolge der Items im Fragebogen und den von den Befragten vergebenen Rangpositionen besteht. Dies gilt in besonderem Maße für Befragte, die in der ersten Panelwelle im Rahmen des Rating-Verfahrens allen Items dieselbe Wichtigkeit zugeschrieben hatten. Das Ranking-Verfahren ist also für Resonse-Sets ebenso anfällig wie Rating-Skalen. Vor dem Hintergrund dieser Befunde besteht kein Grund für die Annahme, daß das Ranking dem Rating in methodischer Hinsicht überlegen sei.

Politikverdrossenheit

Politikverdrossenheit war der wichtigste Begriff in den politischen Debatten der 1980er und 1990er Jahre und erlebt gerade eine Renaissance. Hier kostenloser Download meiner Monographie zum Thema

Im Osten nichts Neues? Die elektorale Unterstützung von AfD und Linkspartei in den alten und neuen Bundesländern bei der Bundestagswahl 2021

Einleitung und Fragestellung Die letzte Volkskammerwahl und die ostdeutschen Landtagswahlen von 1990, spätestens aber die erste gesamtdeutsche Bundestagswahl vom Dezember 1990, markieren den Beginn der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Ost-West-Unterschieden im Wahlverhalten der Deutschen (siehe z.B. Kaltefleiter und Lübcke 1991; Eckstein und Pappi 1994; Falter 1995). Bereits in den frühen 1990er Jahre war die Vorstellung, dass…

Wahlverhalten in Ost-West-Perspektive (Bundestagswahl 2013)

Wahlverhalten in Ost-West-Perspektive (Bundestagswahl 2013) 1

1. Einleitung und Fragestellung: Eine Nation – zwei (oder mehr?) Wahlregionen Die Bundestagswahl vom September 2013 fand fast ein Vierteljahrhundert nach der friedlichen Revolution statt und war bereits der siebte gesamtdeutsche Urnengang. Dennoch zeigen sich wie schon bei den bisherigen Bundestagswahlen markante Unterschiede im Wahlverhalten von Ost- und Westdeutschen. In der Forschungsliteratur wurde bereits Mitte…